Die Geschichte hinter unserem Verlag

Immer wieder werde ich gefragt, wie man heutzutage noch auf die Idee kommt einen Verlag für Landkarten zu gründen bei all den Umbrüchen in der Verlagsbranche, der Digitalisierung und der damit verbunden Totsagung gedruckter Karten und dem bereits bestehenden großen Angebot an Landkarten.

Karten – so heißt es – schaut man sich doch heute nur noch auf dem Smartphone an und außerdem, was soll man denn heute noch kartieren, es gibt doch schon alles.

Daher möchte ich Ihnen gerne die Geschichte erzählen wie es zu unserem kleinen kartographischen Verlag kam...

 

Schon als Kind haben mich Landkarten fasziniert, die erste an die mich erinnern kann war im HB Bildatlas Rhön (Nr. 34). Toll die kurvigen Straßen zwischen Fulda und der damaligen Zonengrenze, dazu die dezente, aber doch plastisch vorstellbare Schummerung der HB Bildatlanten.

Zu meinem absoluten Lieblingsbuch entwickelte sich aber bald der Shell Europaatlas. Mit dem Finger auf der Karte reiste ich bis nach Andalusien oder auch nur von Bitterfeld nach Dessau. Bald war das Buch ziemlich abgenutzt als wäre es das eines Fernfahrers.

Auch begann ich nun meine ersten Experimente im Zeichnen von Landkarten. Dazu hatte ich glücklicherweise übriggebliebene Wahlplakate zur Verfügung denn Karten müssen groß sein! Vorne also warb Kohl für sich als „Kanzler für Deutschland“ und auf der Rückseite entstanden mit Filzstiften meine Landkarten.

Den Verlauf von Autobahnen und vieler anderer Straßen und Flüsse konnte ich im Schlaf aufsagen.

 

Später verlor ich dann etwas das Interesse an den Karten, dafür interessierte ich mich nun für Computer. 1993 kaufte ich mir mit dem Geld, das ich zu meiner Kommunion geschenkt bekommen hatte, meinen ersten PC.

Statt für Computerspiele begann ich mich mehr und mehr für die Technik dahinter und für's Programmieren zu interessieren und wurde zu einem richtigen Nerd. Rückblickend hätte ich vielleicht lieber mehr auf Partys gehen und Blödsinn machen sollen… Naja. Nach dem Abitur fing ich daher auch ein Informatik-Studium in Erlangen an.

 

Im dritten Semester wurde mir das aber irgendwie zu langweilig und ich wollte etwas anderes machen, die Welt sehen. Ich erinnerte mich an meine alte Leidenschaft für Karten und wie gern ich den Erdkunde-Unterricht in der Schule besucht hatte und schrieb mich kurzerhand für Kulturgeographie ein. Außerdem machen die Geographen auch tolle Exkursionen.

Gleich im ersten Semester hatten wir auch ein Kartographie Seminar, anfangs etwas ernüchternd. Da der Universität wohl das Geld fehlte für richtige Messtechnik vermaßen wir den Erlanger Schlossplatz mit Wäscheleinen.

Später aber gab es im zweiten Teil des Kurses eine Offenbarung für mich: Ich konnte das erste Mal mit einem Geoinformationssystem arbeiten. Außerdem bot die Uni allen Studenten die Möglichkeit das bekannte GIS-Programm ArcGIS kostenlos zu verwenden.

Später entdeckte ich dann auch das offene QGIS, das ich bis heute gerne verwende. Hier ließen sich meine Kenntnisse in Informatik und die Kartographie wunderbar kombinieren.

 

Im Studium wählte ich als zweites Hauptfach das Fach Buchwissenschaft hinzu. Eine gute Entscheidung, denn vieles was ich in diesem Fach gelernt habe kann ich heute in unserem kleinen Verlag sehr gut gebrauchen.

Durch einen Zufall kam ich zu dem Studentenjob Karten mit historischen Inhalten u.a. für die Bayerische Schlösserverwaltung und das Bayerische Haus der Geschichte zu gestalten. Die ersten Karten waren technisch zwar noch etwas improvisiert, aber der Kunde war zufrieden und so folgten weitere Aufträge u.a. für die Bayerische Landesausstellung 2010.

 

Im Jahr 2012 wollte ich in meinem WG-Zimmer gerne eine Weltkarte aufhängen. Da ich aber nicht viel Platz hatte, waren die angebotenen Karten entweder zu groß oder nicht besonders schön. Daher dachte ich, warum nicht selbst eine machen im optimalen Format.

So einfach war es dann doch nicht und es war darüber hinaus sehr viel Arbeit und als die Karte dann 2014 endlich fertig war wohnte ich schon gar nicht mehr in diesem Zimmer. Daher entschied ich mich die Karte doch einfach mal bei Amazon einzustellen und zu schauen ob die jemand kaufen würde.

Und tatsächlich gab es drei Wochen später die erste Bestellung, es folgten weitere und beflügelt davon entwickelte ich weitere Karten: Der kleine kartographische Verlag war geboren.

 

Im Jahr 2015 kam dann die erste englische Karte, die Karten auf Leinwand und gerahmte Pinnwandkarten hinzu.

2016 hatte ich dann so viele Aufträge, dass es nicht mehr allein zu schaffen war. So stellte ich Studenten als Hilfskräfte ein.

In den Jahren 2017/18 platzte unser Verlag aus allen Nähten. Da in der boomenden Studenten- und Siemensstadt Erlangen an bezahlbaren Gewerberaum nicht zu denken ist und der Liebe wegen zog ich dann mit dem Verlag zum Oktober 2018 ins vogtländische Plauen. Hier haben wir nun endlich mehr Platz und können neue Projekte angehen und vielleicht noch ein bisschen wachsen.

 

Ich bin froh die Möglichkeit zu haben diesen kleinen Verlag zu führen. Die Aufgabe fühlt sich meistens gar nicht als Arbeit an sondern macht so viel Spaß, dass der Feierabend oft lange warten muss.

Ich denke aber diese Leidenschaft und Freude merkt man auch unseren Produkten an.

Jörg Bauer